Das Leben eines Reiseleiters auf Gran Canaria

Aus dem Nähkästchen geplaudert wie sich einige Deutsche auf Gran Canaria während ihres Jahresurlaubs verhalten. Aufgeschrieben von einem ehemaligen Reiseleiter.

Ich habe mehrere Jahre für verschiedene Reiseveranstalter auf Gran Canaria gearbeitet und dabei viel über die Mentalität der Deutschen gelernt. Ich war von 1989 bis 2009 wohnhaft auf Gran Canaria. Im Moment habe ich meinen Lebensmittelpunkt wieder überwiegend in Deutschland. Mit dem Tourismus habe ich heute nichts mehr zu tun, habe aber wunderbare Erfahrungen und eine zweite Kultur und Sprache kennen lernen dürfen. Die folgende Geschichte ist autobiografisch und wirklich so passiert.

Kapitel I - Sprechstunden in den Hotels

Eines schönen Tages, und schöne Tage haben wir zumindest klimatisch immer, kam ein älteres Ehepaar in meiner Sprechstunde und erzählte mir über einen Ausflug, welchen sie mit dem Mietwagen unternommen hatten. Die Rede war von einen Ort mit einen typisch kanarischen Restaurant, tollen Service und günstigen Preisen. Ferner wurde mir von einen Wochenmarkt berichtet den man unbedingt gesehen haben sollte. Überhaupt schien es sich auf den ersten Blick um den Ort namens Paradies zu handeln.

Wissbegierig geworden auf diese mir nicht bekannte Entdeckung legte ich bereitwillig meinen schon fast zu Ende gelesenen Jerry Cotton Roman beiseite. Neugierig wie eine Katze konnte ich die Frage nach den Namen des Ortes der paradiesischen Zustände nicht mehr unterdrücken. Im englischen sagt man: couriosity killed the cat, Neugier hat die Katze getötet. Doch dieses Risiko war ich bereit einzugehen. Ich beschloss im Geiste meine Möbel in Umzugskartons zu verpacken, und sofort nach Feierabend Playa del Inglés mit den Pkw zu verlassen, um mir meine Zukunft in diesen Ort voller Frieden und Menschlichkeit aufzubauen. Mein Interesse an einen Umzug erlosch jedoch sehr schnell als ich den Namen des Ortes erfuhr.
Stolz sagte die Dame zu mir "Wir waren in Cambio de centido."
Der spanischen Sprache mehr oder weniger mächtigen musste ich Ihr sagen sie glaubte sich in den Ort names Autobahnausfahrt zu befinden..

Es war schon wieder einer dieser Sprechstunden Tage. Die Anlagen werden ja in der Regel drei mal pro Woche für jeweils etwa 30 Minuten besucht. Dort haben die Gäste dann die Möglichkeit sich über diverse Dinge zu informieren wie z.B. Freizeitgestaltung, Sehenswürdigkeiten usw. Auch werden Ausflüge oder Mietwagen vermittelt. Natürlich sind wir auch dafür da uns mal öfter richtig anschreien zu lassen. Bei diesen Monolog kann es sich um Kakerlaken im Zimmer handeln (womit der Reiseleiter sich vermutlich selber jede Nacht rumschlagen muss), oder es geht um die Ananas die doch bitte nicht aus der Dose kommen darf. Es gibt auch Fälle wo sich der Gast beschwert das sein Mülleimer nur jeden zweiten Tag geleert wird (was laut Katalog auch korrekt ist).

Nachdem ich am Nachmittag das Büro verlassen hatte um mir den Rest des Tages versauen zu lassen, fuhr ich zu meiner ersten Visite. Eine Bungalowanlage in San Agustin. In San Agustin begann der Tourismus, noch bevor in Playa del Inglés überhaupt auch nur eine Straße existierte. Wenn man sich Luftaufnahmen aus den 60er Jahren anschaut, dann erkannt man das ganz deutlich. Das erwähne ich, da es für den folgenden Ablauf der Geschichte etwas zum Verständnis beiträgt, wenn man sich bewusst wird das hier, in San Agustin, der Tourismus seinen Anfang nahm. Die Anlagen sind hier wesentlich älterer Bauart als der Rest in dieser Region.

Beim betreten der Rezeption saß schon eine Frau an den Tisch den die Reiseleiter nutzen um Ihre Sprechstunden abzuhalten. Für gewöhnlich gab es in dieser Anlage wenig Probleme. Meistens sah man die Kunden nur kurz vor Abflug. Dann wollen viele wissen ob die Abholzeit für den Transferbus zum Flughafen auch wirklich die Zeit ist die wir einige Tage zuvor an der Info Tafel ausgehängt haben. In 10 von 10 Fällen entspricht es im übrigen wirklich dieser Zeit.

Nun zurück zu meinen schon wartenden Gast. Zuerst fielen mir die zerkratzten Beine der Frau auf. Ganz grün und blau und voller Schürfwunden. Nun stellt sich den Reiseleiter ein Problem das sich sehr schwer lösen lässt. Denn fragt er die Frau wie das passiert ist kann er schnell in ein ewig langes, eventuell tötend langweiliges Gespräch verwickelt werden. Zum Schluss kommt die Frau eventuell auf den Gedanken das es sowieso nur alles die Schuld des Reiseveranstalters ist und ja eigentlich gar nichts so schön ist wie man sich das vorgestellt hatte.

Die alternative ist das der Reiseleiter das Thema erst mal nicht anspricht, doch das wirkt teilnahmslos auf den Gast.

Mir stellte sich diese Frage aber gar nicht, da die Frau sofort anfing zu reden noch bevor ich mich richtig setzen konnte. Mir wurde augenblicklich klar das ich meinen Jerry Cotton heute nicht zu Ende lesen würde.

"Schauen Sie sich mal meine Beine an"
Sagte die Dame die mir mit einem schwarzen Rock gegenüber saß.
"Ja, das ist mir sofort aufgefallen. Wie ist denn das um Gottes willen passiert?"
"Heute morgen habe ich den Bungalow verlassen und auf den Weg zum Pool bin ich in die Kanalisation eingebrochen. Ich lief den Weg entlang als ich einfach durch die Beton Platten durchgebrochen bin und mich in der Kanalisation wiedergefunden habe."

Ich dachte jetzt bloß aufpassen nicht einfach los zu lachen. Ich stellte mir einen Haufen Kakerlaken vor der mich jagt und mich fressen will. Damit hatte ich das Entsetzen in meinen Gesichtsausdruck das in dieser Situation angemessen erscheint.

Letztendlich habe ich diesen Tag noch gut überstanden. Die Arztkosten hat die Anlage übernommen und die Frau war nicht einmal der Meinung das der Unfall die Schuld des Reiseleiters war.

Kapitel II - Flughafen Tag

Der Wecker klingelte, es wurde Zeit aufzustehen, denn es war Flughafen Tag und die ersten Maschinen kommen schon früh rein. In der Regel bleibt das Flugzeug nicht ganz eine Stunde auf unserer Insel, um dann voll getankt, und wieder schön sauber, zu seinen Heimatflughafen zurück zufliegen. Für eine Frühmaschine eingeteilt zu sein ist meist besser als nachmittags Flüge zu haben. Die Nachmittagsmaschinen waren ja auch mal eine Frühmaschine am Morgen. Dann kommen sie meist aus Mallorca und genau da geht meist nichts mehr. So schleppt sich eine erst einmal eingeholte Verspätung durch den ganzen Tag. Ich war an diesen Morgen hoch motiviert. Das legte sich auch nicht nach einen Blick in den Spiegel. Immer wieder Frage ich mich ob der Designer unserer Uniform Farbenblind ist. Wie kann ein Mann nur mit rotem Jackett und ebenso roter Hose umher laufen. Die Senf farbige Weste auf dem weißen Hemd kann man ja unter dem Jackett verdecken, denke ich und mache mich auf wie der rosarote Panther nach Playa del Inglés. Dort sollte mein Transferbus schon stehen. Und wenn nicht regt mich das auch schon lange nicht mehr auf. Aber heute habe ich Glück, der Bus steht schon an vereinbarter Stelle und es ist die 104. Die 104 ist ein Busfahrer mit unaussprechlichen Namen, darum nenne ich ihn 104, wie die Nummer auf seinen Bus. Früher habe ich ihn 54 genannt. Er fährt jetzt aber für einen anderen Chef und hat darum die 104 bekommen. Seit er mit der 104 unterwegs ist, ist der arme fast taub. Von diesen Bus Modell gibt es auf der Insel nur zwei Stück. Das Chassis war ursprünglich für ein LKW konstruiert worden, und die haben ja im Gegensatz zu einen Bus den Motor vorne. Dementsprechend laut ist es auf den vorderen Plätzen. Der Fahrer ist meist recht lustig und das stärkt meine Motivation für diesen Tag. Wenn nun bloß alle Gäste schon in der Rezeption warten das wir sie Abholen und niemand verschlafen hat. Nachdem wir etwa 20 bis 30 Minuten durch Playa del Inglés gefahren sind um insgesamt acht Anlagen anzufahren ist der Bus auch bis zum letzten Platz gefüllt. Auch die beiden Enfants, das sind Kinder unter zwei Jahren, können mir heute nicht den Nerv rauben. Zwar schreien sie verrückt, aber wozu hat der Busfahrer den ein Autoradio? Von Salsa klängen begleitet erreichen wir auch schnell das Ortende von Playa del Inglés um über die Autobahn zum Flughafen zu gelangen. Den beiden Gören wurde ihr Geschrei langsam selbst zu blöd und es herrschte, von den Motoren Gedröhn mal abgesehen, wieder Ruhe. Zeit sich kurz vorzustellen und die Gäste zu begrüßen. Ich beschließe heute wieder den Geck mit der Uhr zu bringen.

"Vergessen sie auch nicht ihre Uhr wieder um eine Stunde vorzustellen, in Deutschland herrscht ja eine andere Ortszeit als auf den Kanaren. Das sollten sie aber besser erst im Flugzeug tun, da es auch schon vorgekommen ist das ein Gast auf der Aussicht Terrasse am Flughafen seinen eigenen Flugzeug hinterher gewunden hat"

Schon wieder hat keiner gelacht. Das macht mir gar nichts, denn ich sehe euch sowieso nie wieder, denke ich. Mittlerweile hat auch das Geschrei der beiden Gören wieder angefangen. Was soll´s, wir sind sowieso gleich da. Zeit für meinen Text.

"Wir sind jetzt am Flughafen angekommen, es gibt über siebzig Abfertigungsschalter. Bitte bleiben sie einen Augenblick auf Ihren Plätzen sitzen. Ich werde mich rasch informieren an welchen Schalter Sie einschecken werden."

Nachdem ich 15 Sekunden später wieder den Bus erreiche sitzt mal wieder keiner mehr drinnen. Alle versuchen als erstes an Ihren Koffer im Ladeteil des Busses zu gelangen. Ich werde 20 mal einzeln nach Abfertigungsschalter gefragt. Doch das macht gar nicht, denn heute ist Flughafen Tag. Mal sehen ob die kleine Blonde von der Konkurrenz heute auch Dienst hat. Hier oben bei den Abflügen sehe ich sie zwar nicht, aber wer weiß ob sie nicht unten bei den Ankünften steht. Nachdem ich noch eine Weile am Check in Schalter gewartet habe ob es keine Probleme gibt wie verloren gegangene Tickets, oder was weiß ich nicht, ging ich den Rolltreppen entgegen, um eine Etage tiefer in die Ankunftshalle zu gelangen. Seit dem der Flughafen umgebaut wurde sieht er richtig modern aus, denke ich. Früher war alles in Orange gehalten, typisch die 70er. Doch mit den immer größer werdenden Passagieraufkommen der letzten Jahre wurde ein Anbau nötig. Und der gefällt mir. Ich treffe noch eine Mitarbeiterin der Fluglinie, nennen wie die Kompanie einmal Kranich, auf meinen Weg in die Ankunftshalle.

"Hallo, viel zu tun?", Fragte sie.
"Geht so, wie immer."
"Komm, gehen wir einen Kaffee trinken."
"Nee, ich trink doch nie Kaffee."
"Dann trink halt 'ne Cola."
"Okay, ich hab noch etwas Zeit bis zur Ankunft. Wann kommt eigentlich eure Kranich aus München?", fragte ich um meinen Zeitplan zu kalkulieren.
"Zwei Minuten früher."
"Na gut las uns kurz in die Bar gehen."
Bei einer Kola und einen Kaffee für die Dame wurde einfache Konversation zwischen uns beiden betrieben. Ich fragte:
"Du Daniela, ich habe später einmal vor eine Art Reiseleiter Tagebuch zu schreiben. Ist dir mal irgend etwas witziges passiert das mit Tourismus zu tun hat? Ich suche noch ringend nach Themen."
"Nun, damals wie ich noch in Deutschland für Kranich gearbeitet habe, da hatte ich mal eine ältere Dame die unter keinen Umständen in unser Flugzeug einsteigen wollte. Damals habe ich ja als Bodenpersonal für Kranich gearbeitet."
Klingt gut, erzähl mir mal mehr von dieser Geschichte."
"Also gut. Wir haben den Check in nach Palma del Mallorca gemacht. Du weißt ja selber das jeder Gast der eincheckt und seine Koffer abgibt eine Bordkarte bekommt. Nachdem der Flug aufgerufen wurde und alle Gäste das Flugzeug betreten hatten werden ja immer die abgegebenen Bordkarten mit der Anzahl der ausgegebenen verglichen. Aus Sicherheitsgründen. Fehlt ein Gast merken wir das ganz schnell."
Ich nickte.
"Nun, ein Gast fehle auf diesen Flug. Der Kunde hatte zwar eingecheckt und seinen Koffer aufgegeben, fehlte aber im Flugzeug."
"Ja ich weiß, das ist ein Alptraum. Denn Ihr müßt nun nach internationalen Abkommen alle Koffer wieder ausladen, und jeder Gast muß seinen Koffer identifizieren. So findet man den Herrenlosen Koffer heraus und ein Bomben Entschärfungskommando rückt an um den Inhalt mal genauer unter die Lupe zu nehmen."
"Genau", sagte Daniela.
"Das kostet euch viel Geld. Euer Slot (=Abflugs Zeitpunkt) ist dann nicht mehr einzuhalten und ihr müsst einen neuen beantragen und eventuell die Flugroute ändern."
"Richtig, und von den Aufwand den uns zusätzlich bereitet mal ganz abzusehen, das macht einen wirklich wütend."
"Habt ihr den Gast nicht ausrufen lassen?"
"Doch genau und nun zu meiner Geschichte. Nach einiger Zeit meldete sich eine sehr alte Dame bei uns und fragte warum wir sie ausrufen lassen würden. Ich erklärte ihr die Situation, das der Airbus bereit steht und es langsam Zeit wird einzusteigen. Das hat die Dame auch eingesehen. Ich habe also noch einmal den Bus geordert der die Gäste zum Flugzeug bringt. Es herrschte fürchterlicher Regen, und in der Ferne sah ich schon unser Flugzeug mit der Gangway davor. Dahinter standen zwei Stewardessen schon völlig vom Regen durchnässt. Als unser Bus vor den Flugzeug anhält und sich die Türen öffnen erntete ich einen fragenden Blick von der Dame. Ich bat sie endlich in das Flugzeug einzusteigen, da wir sehr knapp in der zeit liegen würden."
"Und?", stellte ich als eher rhetorische Frage.
"Na ja, die Dame weigerte sich aus den Bus aus zu steigen. Den beiden Stewardessen stand der Hass ins Gesicht geschrieben. Die waren nun so durchnässt, dass sie sich wohl Tage nicht mehr zu duschen brauchten."
"Ja, aber warum wollte die Frau nicht aus den Bus aussteigen?", fragte ich interessiert.
"Nun, im Reisebüro sagte man ihr das es mit den Airbus nach Mallorca geht. Und Sie dachte der Airbus IST ein BUS. Die Dame hat doch Flugangst und extra eine Busreise gebucht, dachte sie."
"Man Du erlebst ja Geschichten. Mein Leben ist viel langweiliger. Aber mir fällt gerade was ein. Neulich hat sich eine ältere alleinstehende Kundin über eure Flugzeuge beschwert."
"Aber unsere Maschinen sind alles renommierte und zuverlässige Geräte."
"Ja ich weiß, bis auf eure DC10, dort saß ich mal in der Raucherzone. Nachdem der Pilot nach den Start die 'Don´t smoke' Lampen erlöschen ließ, haben sich etwa 300 Leute gleichzeitig eine Zigarette angezündet. Ich muß heute noch husten davon."
"Du wolltest mir doch von deiner Kundin erzählen die sich beschwert hat. Oder beschwerst du dich gerade, dann geh ich."
"Nein.", sagte ich schnell (meine Cola war von ihr noch nicht bezahlt).
"Die Frau kam in meiner Sprechstunde und beschwerte sich das die Toiletten bei Kranich Airlines zu klein sind."
"Wofür?", fragte Daniela.
"Na, um ein Zäpfchen einzuführen."
"Quatsch!"
"Doch echt, die Oma stand vor mir und sagte das sie ihr Zäpfchen gegen was weiß ich nicht was nicht in ihren Darm einführen konnte, weil die Toiletten zu klein sind beim bücken."
"Man..."
"Echt necht?"
Ich erhob mich und bezahlte letztendlich meine Cola selber. Meine Idee Daniela so zu zu lullen Das sie aus versehen auch mein Getränk bezahlt funktionierte nicht. Egal, ich habe eine neue Geschichte für mein Reiseleiter Tagebuch das ich einmal schreiben werde.
Nein, schon wieder. Es ist unglaublich, immer wenn ich am Flughafen mal die Toilette benutzen möchte, steht ein kleiner Wagen davor und die Putzfrau macht sie sauber. Ich habe mir schon oft die Frage gestellt ob nur mir das jedes mal passiert, oder ob meine Kollegen das gleiche Schicksal trifft. Vielleicht wohnt die Frau auch dort. Auf jeden Fall muß ich nun ganz zum Ende des Terminals laufen um dort die Toilette benutzen zu können. Und wie durch ein Wunder wird sie gerade nicht gereinigt. Ich fühlte es schon heute Morgen beim Aufstehen das es sich um mein Glückstag handelt muss. Bis jetzt ist auch erstaunlich wenig schief gelaufen. Ich habe mir die Ankunftszeit der Maschine von der Kranich geben lassen. Sie kommt 2 Minuten zu früh. Na ja, so genau wollte ich es gar nicht wissen. Auf jeden Fall habe ich noch etwa 30 Minuten bis zur Ankunft. Es wird Zeit sich nach dieser kleinen blonden umzusehen die mir schon seit einen Monat den Kopf verdreht. Eigentlich habe ich keine Ahnung wie sie heißt, geschweige denn das sie mich jemals zur Kenntnis genommen hat, aber ich bin guter Dinge. Auch wenn ich weiß das ich dieses mal wieder kein Wort raus bringen werde. Das ist verrückt. Man spricht auf den Begrüßung Cocktails vor mehr als 300 Leuten, aber sobald ich diesen Mädchen gegenüberstehe fallen mir nur Sachen ein wie:
"Eh, hallo Du. Na?"
Das ist natürlich keineswegs sehr Kreativ und läßt meiner Meinung auch nicht auf ein Niveau schließen das einer so gebildeten Person wie mir gerecht wird. Aber vielleicht sollte ich bescheidener werden, mein Ego zurückschrauben und es mit
"Das Wetter ist gut wie ist es bei Euch?", versuchen.
Das habe ich mal auf einer Postkarte gelesen. Ich fand das so kreativ und einfallsreich das ich es mir sofort fest in mein Gehirn eingeprägt habe.
Nachdem ich die Ankunftshalle einmal durchwandert habe und am Ende an der kleinen Bar angekommen war, stellte ich fest das ich meine Anmache mit den Wetter sowieso vergessen konnte. Sie war für heute morgen gar nicht für den Flughafen eingeteilt. Nun hatte ich also wieder ein paar Tage dazu gewonnen mir Gedanken über ein passendes Gespräch zu machen. Meine Taktik mit den unendlichen Weiten des Weltraums kam übrigen nie so richtig an. Darum, liebe Leser verschone ich Sie besser damit. Aber wem das Thema doch interessiert dem empfehle ich das Buch von Steve Hawkins, Eine Reise durch die Zeit.

Die Maschine ist mittlerweile angekommen. Ich stehe in der Ankunftshalle mit meinen Schild in der Hand. Auf diesen Schild steht der Name des Reiseveranstalters. Ich schaute mich kurz um. Auf diesen Flug saßen noch zwei weitere Veranstalter. Nennen wir sie mal Apfel und Birne. Der Reiseleiter von der Agentur Apfel ist Uwe. Uwe ist mega Schwul. Also die Frau einer homo Beziehung. Wenn ich Uwe ab und wann abends in der Disko treffe und er schon ein wenig getankt hat versucht er es immer wieder. Einmal sagte ich, nach ein paar Bieren:
"Uwe vergiss es, du hast keine Muschi Puschi."
Alles was er darauf zu antworten wusste war:
"Doooch, hinten!"
Nun gut, auf diesen Flug sind also drei Veranstalter denke ich mir, da drei Reiseleiter mit Ihren Schildern in der Ankunftshalle stehen. Das ist Uwe von Apfel Reisen, Birgit von Birne Reisen und natürlich ich, der Esel.
"Uwe, bald ist wieder Weihnachten, hier auf den Kanaren kriegt man da nichts von mit, du weißt schon kein Schnee, kein Winter, eher wie in den Sommerferien.", sagte ich.
"Aaach Weihhhnachteeen, schöhhhn.", sagte Uwe mit lüsternen Blicken zwinkernd zu mir.
Zeit sich etwas mit Birgit von Birne Reisen zu unterhalten, dachte ich.
"Birgit, was wünscht du dir vom Weihnachtsmann?"
Birgit sah nicht so aus als hätte sie Lust auf eine Konversation mit mir. Verständlich, die arme hatte heute morgen schon um 05:00 Uhr die Salzburger Maschine gehabt und wirkte auf mich etwas müde. Mit hoch erhobenen rechten Arm in den sie ihr Schild hielt auf den Birne reisen stand antwortete sie mir (ohne mich dabei anzuschauen):
"Weihnachten, ja das ist bald, mein Arm ist schon ganz schwer geworden von diesen dämlichen Schild das ich schon seit Stunden hochhalte. Ich habe letzt die schwedischen Reiseleiter beobachtet. Die haben so eine Art Fotostativ auf den sie ihr Schild befestigen."
"Ja, aber was wünscht du dir nun vom Weihnachtsmann, Birgit?", fragte ich noch einmal.
"Einen Ständer" kam als müde Antwort zurück.
Das hatte Uwe gehört und mit funkelnden Augen geantwortet:
"(Seufzt) Den Wünsche ich mir auch!"
Ich weiß nicht wie viel Zeit vergangen war, aber mir kam es wie Stunden vor die ich mit Uwe am Boden gelegen, und gelacht habe. Birgit von Birne Reisen wurde rot im Gesicht und sicherlich wieder hellwach.

Die großen Ankunftstage sind immer Mittwochs, Samstags und Sonntags. An diesen drei Tagen ist am Flughafen von Las Palmas immer mächtig viel los. Zu gewissen Stoßzeiten werden hinter der Ankunftshalle bis zu 60 Transferbusse in der Stunde abgefertigt. In solch einen Bus passen immerhin 55 Personen hinein. Dementsprechend ist das Gedränge in der Ankunftshalle. Gleich hinter den Türen zur Gepäckausgabe stehen wir mit unseren Schildern. Hoch erhoben, um über die Köpfe der ganzen Menge zu ragen. Jetzt sollte alles schnell gehen. Die ersten Gäste sitzen schon ungeduldig in den Busen und fangen langsam an zu schwitzen, andere suchen noch nach Ihren Koffer und fangen dabei aus Panik auch an zu schwitzen. Nachdem man seine Kollegen gefragt hat wie viele Gäste er abgehakt hat macht man sich zur Sicherheit noch einmal auf in die Gepäckausgabe und schaut ob keiner mehr für diesen Flug am Band steht. Aber meist ist jetzt eh schon ein neuer Flug am Band und man hat keinen Überblick mehr. In der Hoffnung alle eingesammelt zu haben macht man sich nun auf den Weg zum Bus. Letztendlich gibt es fast immer einen Schwund. Einige Gäste fahren mit den Taxi voraus ohne sich vorher abzumelden. Das geht immer auf die Kosten der Gäste die im Bus warten. Denn nun muss man noch mal um alle Busse laufen und nach Koffern Ausschau halten an den eventuell ein Adress Sticker hängt mit den Emblem des entsprechenden Veranstalters. Natürlich achtet der Busfahrer auch auf diese Embleme, den sonst würde sowieso jeder dritte im falschen Bus landen. Zur Sicherheit fragt der Fahrer jeden Gast nach seinen Hotel. Wenn er das gar nicht auf seiner Liste hat wird man ohnehin nicht im Bus gelassen.

Auf geht's Türen zu und los. Früher haben wir die Busse noch begleitet, das kommt heute aus kosten gründen leider immer seltener vor. Zuerst einmal werden sogenannte Begrüßungsumschläge verteilt. Darin sind außer einigen Informationen unheimlich viel Werbezettel von diversen Veranstaltern von Ausflügen. Sobald der Busfahrer die Autobahn Richtung Süden erreicht hat und man sich einigermaßen sicher sein kann nicht in der nächsten Kurve aus den Gleichgewicht geworfen zu werden, schnappt man sich das Mikrofon und beginnt seine Predigt. Ich erzählte dann immer von mir was ich so für Hobbys habe und wie ich mir meine Traumfrau vorstelle. Danach veranstalte ich immer ein Quiz. Derjenige der die meisten Fragen beantworten kann braucht den Busfahrer kein Trinkgeld zu geben. Nein im Ernst mal. Es ist schon grauenhaft wenn man fünf Jahre lang mit einen Lachen im Gesicht das selbe und immer wieder das selbe erzählen muß. Wie gerne würde ich den Leuten wirklich was von mir erzählen, z.B. was ich gestern so gemacht habe, oder von einen tollen Film den es im Fernsehen gab. Eventuell kann man ja auch aktuelle Tagesereignisse diskutieren. Bloß geht das natürlich nicht. Nachdem man sich also vorgestellt hat werden kurz die wichtigsten Themen angesprochen.

"So, erst einmal recht herzlich willkommen auf Gran Canaria. Mein Name ist Thorsten Kruse und ich werde sie zu ihren gebuchten Anlagen begleiten. Zuerst einmal sollten Sie Ihre Uhr um eine Stunde zurückstellen, wir haben auf den Kanaren eine andere Ortszeit als auf den Festland.

Wenn Sie Wasser zum Kochen oder Trinken benötigen, sollten sie es in den Supermärkten kaufen, dort bekommen sie fünf Liter Kanister mit abgefüllten Trinkwasser. Zum Zähne putzen können sie aber ruhig das Leitungswasser benutzen."

Und so weiter, und so weiter. Am wichtigsten ist aber der Punkt über den Begrüßungscocktail. Der findet am nächsten Tag statt. Dort werden Informationen über das Reiseziel angeboten. Der eigentliche Zweck dieser Aktion ist aber der Verkauf von Ausflügen. Denn leider ist es so, daß das Grundgehalt eines Reiseleiters extrem gering angesetzt wird. Davon kann man fast nicht leben. Dadurch ist man gezwungen viele Ausflüge an den Man (besser die ganze Familie) zu bringen. Das ist ein herber Kritikpunkt an jeden Reiseveranstalter. Ich kann einen Kunden nur sehr schwer wirklich Objektiv beraten, denn an erster Stelle steht ja mein Lebensunterhalt der zu 50% (!) aus Kommissionen besteht. Ein großer deutscher Veranstalter hat jetzt allen Kollegen hier sogar schweizer Arbeitsverträge gegeben. Dadurch muss sich der Reiseleiter selbst versichern. Die Sozialversicherung, woran der Arbeitgeber zu einen gewissen Prozentsatz beteiligt ist entfallen. Die trägt zu 100% der Reiseleiter. Clever, oder? Denn der Job ist knallhart. Wenn einen was nicht passt muss man halt gehen. Es stehen genug neue (unwissende) Arbeitswillige vor der Tür. Übrigens handelt es sich bei besagten schweizer Verträgen um ein Gehalt von unter 1.000 schweizer Franken. Und Brutto ist gleich Netto. Also noch schnell Rentenversicherung zahlen, Arbeitslosenversicherung und ein paar läppische Taler für die Krankenkasse. Nun wird es knapp mit den Zaster. Zeit fürs Weihnachtsgeld. Erwähnte ich schon das man das nicht bekommt? Schrieb ich auch das ich fünf Jahre lang Feiertags gearbeitet habe, natürlich ohne Lohnausgleich. Sonntagszulage? Wozu denn das? Man hat ja eh eine sechs Tage Woche und keinen Anspruch auf ein Wochenende. Krank werden? Kein Problem. Aufgrund von knapp kalkulierten Personal zwar theoretisch möglich, aber wer den Kopf nach am Rumpf trägt kommt lieber zur Arbeit. Sonst baden das die Kollegen aus. Mir ist kein Fall bekannt, daß in meiner Zeit irgend jemand wegen Krankheit nicht zur Arbeit gegangen ist. Nun bin ich aber ganz schön abgeschweift von meinen eigentlichen Thema über das ich schreiben wollte. Sie lieber Leser und ich sitzen also immer noch im Transferbus und erfreuen uns darüber eine Klimaanlage im Bus zu haben. Hier könnte ich im Hochsommer echt den ganzen Tag verbringen. Herrlich, aber nach etwa 30 Minuten erreichen wir die ersten Hotels und es ist erst einmal Schluss mit der Träumerei nach verregneten, kalten Winterabenden. Nachdem ich die Durchsage gemacht habe bitte nichts im Bus liegen zu lassen, und den letzten Gast an seiner gebuchten Anlage abgeliefert habe, sammle ich alle liegen gebliebenen Jacken und Taschen ein. Das verramsche ich dann alles auf den Flohmarkt, natürlich nicht bevor ich die Sachen nach Geld durchsucht habe. Aber eigentlich schleppe ich das Zeug dann doch lieber ins Büro wo schon das Telefon läutet und der Gast sich freut seine Sachen wieder gefunden zu haben. Also noch mal die Tour. Diesmal im Pkw. Ist auch die letzte Aldi Tüte an der Rezeption abgegeben, dann endet hier mein Bericht von einem Tag am Flughafen. Ich muss nun noch einmal los und den Nachmittagstransfer begleiten. Dann geht alles wieder genauso ab, nur bestimmt nicht so lustig wie eben. Hoffentlich hat die Maschine keine Verspätung. In Frankreich ist es eine Art Hobby der Fluglotsen zu streiken. Die streiken mehr als sie arbeiten. Ich denke irgendwann müssten die mehr Geld bekommen als der Staatspräsident. Nun, heute wird zum Glück nicht gestreikt.

Kapitel III - Im Büro

Im Büro anwesend zu sein war nie meine Sache gewesen. Ich mag es nicht am Schreibtisch zu sitzen und stupide Rückfluglisten zu schreiben. Ich empfinde das als die langweiligste Tätigkeit im ganzen Universum. Nach spätestens fünf Minuten muß ich dann auch immer wieder zwingen nicht aufzustehen und zu sagen "Okay Jungs, das war's ich kündige. Ich gehe jetzt nach Hause". Aber ich schreibe dann doch immer weiter an diesen Listen. Immer noch besser als hunderte von Begrüßungsumschlägen zu packen die am Wochenende am Flughafen bei der Ankunft gebraucht werden. Ring, ring, es klingelt das Telefon, eine Abwechslung zum öden Listen schreiben. Also schnell den Hörer in die Hand bevor mir jemand zuvor kommt. He, he meine Kollegin war zu langsam und packt eifrig weiter Ihre Umschläge. Ein Rezeptionist einer Bungalow Anlage in Maspalomas ist dran. Wieder eine Gelegenheit seine Sprachkenntnisse aufzubessern. Man spricht ja sonst den ganzen Tag lang nur deutsch.

Ich höre mir eine Geschichte an die wieder ziemlich unglaublich ist. In besagter Bungalow Anlage hatten wir bis heute morgen noch ein älteres Paar wohnen. Die sitzen aber mittlerweile im Flugzeug nach München, da ja praktisch jeder Urlaub einmal vorüber geht. Die Putzfrau dieser Anlage hat den Rezeptionisten gefragt ob die Gäste dieses Bungalows verlängert haben. Also ruft er in unser Büro an um mal nachzufragen. Ich sage ihn das niemand verlängert hat.
"Nun dann haben eure Kunden all Ihre Sachen im Kleiderschrank gelassen. Nur die Koffer sind nicht mehr da, Senor.", schnarrte es aus der Leitung.
Warum müssen eigentlich alle deutsch mit mir reden, denke ich.
"Gut ich komme morgen um das Zeugs abzuholen."
Ich legte auf. Es ist unglaublich, wie kann man nach Hause fliegen und zwei leere Koffer mitnehmen? Während ich mich wieder den Abfluglisten zuwende fällt mir die Sache mit den Brötchen wieder ein. Das war damals so ähnlich. In einer Apartment Anlage von uns wird als Service jeden Morgen ein kleiner Beutel mit zwei Brötchen an die Tür gehangen. Gegen Ende des Urlaubs eines Gastes dort hat sich die Putzfrau gewundert warum im Kleiderschrank ein Berg alter Brötchen liegt. Das bekam dann auch der Rezeptionist mit und sprach den Herren darauf an. Der antwortete nur er hebt die auf um sie mit nach Deutschland zu nehmen um daraus Paniermehl zu machen.

Kapitel IV - Endlich selber Urlaub machen

Mindestens einmal im Jahr sollte es soweit sein. Der Reiseleiter verabschiedet sich von seinen Luxus Leben am Strand. Er sagt ade zum faulenzen und begibt sich in den stessigen Urlaub.

Das passiert statistisch gesehen nur alle 10 Millionen Jahre, aber die waren nun um. Ich habe hatte ein Ticket nach Hamburg bekommen, wollte aber genau genommen nach Bremen. Zwar gibt es auch Direktflüge nach Bremen, aber leider nicht über den Reiseveranstalter bei den ich gearbeitet habe. Also war es nahe liegend nach Hamburg oder Hannover zu fliegen um die Sache möglichst preiswert, bzw. kostenlos zu halten. Am Flughafen in Las Palmas habe ich eine Kollegin der Konkurrenz dazu überreden können mir das Ticket zu stickern. Das bedeutet das ein kleiner Aufkleber auf das Ticket geklebt wird, der ganz neue Daten enthält. So hatte ich dann doch meinen Flug nach Bremen bekommen. Dummer weise ist das der Fluggesellschaft aufgefallen und ich wurde über den Lautsprecher aufgefordert mich an den Schalter zu melden. Nach einen gewaltigen Anschiss musste ich letztendlich doch nach Hamburg fliegen. Ich hatte vor dort einen Mietwagen zu nehmen und die 120 Km mit den Auto nach Bremen zu fahren, was für ein Blödsinn, aber so ist es nun einmal.

Ich habe es mir bei meinen Flügen zur Angewohnheit gemacht jegliche Reserven an Rotwein zu konfiszieren und zum sofortigen eigenen Konsum zu gebrauchen. Dann kann ich normalerweise sofort einschlafen und der Flug vergeht wie im Fluge. Auf den weg zur Toilette bei meiner ersten Pinkelpause vernahm ich von jemanden laut grölend meinen Namen. Ich vermutete sofort das es sich um Gäste handeln könnte. Nicht einmal im Urlaub hast du deine Ruhe, dachte ich. Aber Weit gefehlt. Es war ein Reiseleiter von der Konkurrenz, der auch im Flieger saß. Erleichtert mir nun keine Reklamationen anhören zu müssen wechselte ich meinen Platz. Das Flugzeug war nur hab gebucht.
"Hallo Thomas, auf den weg in den Urlaub?", fragte ich.
"Nein, ich hab' die Schnauze voll von allen und hab' gekündigt."
"Man prima, sollte ich auch endlich machen, bei klein bin ich zu alt für diesen Kindergarten, mir schmeckt das essen nicht, ich habe eine Kakerlake auf den Zimmer, es gibt keine freie Liege am Pool... Man kommt sich vor wie ein Babysitter, bloß das die Leute alle aus Ihren Baby alter schon raus sind, oder eben auch nicht."
"Ja, außerdem hatte ich Stress mit der Chefin", antwortete er mir.
"Das verstehe ich, wer kann die alte Schachtel auch schon ausstehen?"

Eine Reihe vor uns saß ein Pärchen, zwischen den beiden ihr Infant. Infant heißen im Tourismus alle Personen unter zwei Jahren, obwohl ich die meisten Gäste die auch über diesen alter waren als infantil angesehen habe. Dieser Infant drehte sich nun ständig um, um uns mit seinen Teddy zu nerven den er ständig vor unseren Gesichtern hin und her wedelte. Den Eltern schien es nicht aufzufallen das so etwas nerven kann. Auf alle fälle ließen Sie Ihr Kind agieren. Dummer weise allerdings viel dieser Teddy runter und ein lautes schreien begann. Thomas sagte ganz leise zum Kind "Den siehst Du nie wieder", und kickte das Stofftier unter den Sitz. Das Kind, noch nicht in der Lage zu sprechen, schrie bis weit nach der Landung.

Mit einen immer noch brummenden Schädel, was weniger am Wein als an den Kindergeschrei lag , fuhr ich mit den Leihwagen auf die A1 Richtung Bremen. Es war Winter in Deutschland und beim warten auf den Koffer dachte ich erfrieren zu müssen. Langsam wurde es im Auto wärmer. Das ich so gefroren hatte, lag daran nur zwei T-Shirts an zu haben. Ich dachte auf Gran Canaria natürlich an alles andere als an kalten Temperaturen. So fuhr ich mit nur ein T-Shirt bekleidet zum Flughafen in Las Palmas. Erst bei meinen Zollfreien Einkauf im Flughafengebäude wurde mir bewusst das es ja Dezember war. Ich sprach mit einen PR Mädchen das Marlborro Zigaretten anpries. Dort war zu lesen, das man bei den Kauf von drei Stangen ein T-Shirt dazu bekommt. Nachdem ich meine Lage erklärt habe bekam ich auch schon nach einer Stange ein T-Shirt.

So sitze ich nun im Wagen mit zweit T-Shirts bekleidet, fingere an den Heizungsreglern rum und zünde mir eine von den Zigaretten an, für die ich auf meinen Bauch gerade Werbung trage. Ich denke an ein Lied von der Gruppe Kraftwerk. Autobahn. Fahn, fahn, fahn auf der Autobahn. Irgend etwas mit gleißenden Sonnenlicht sangen die da immer, aber im Winter ist es ja in Deutschland schon ab vier Uhr dunkel, also nichts mit gleißenden Sonnenlicht. Nicht einmal den Mond kann man sehen, dachte ich. Zum Glück schneit es nicht. Mit den Fahrkünsten bei Schnee ist es nach so langer Zeit auch nicht so weit her. In meinen Kopf klirrt immer noch diese Melodie von Kraftwerk. Da einen das auf die Dauer ganz irre machen kann beschließe ich das Autoradio einzuschalten. Das ist ohnehin eine gute Idee, denn im Flugzeug bin ich nicht dazu gekommen mir die Tageszeitung durchzulesen. Bei den Kindergeblärre hätte ich mich vermutlich ohnehin nicht konzentrieren können. Im Radio wird es sicher gleich Nachrichten geben. Ich versuchte schon meinen Lieblingssender, Radio Bremen IV rein zu bekommen, musste aber noch mit einen Hamburger Regionalsender vorlieb nehmen.

Meinen Aufenthalt in Deutschland weiter zu schildern halte ich aus zwei gründen für überflüssig. Erstens soll das ja ein Reiseleiter Tagebuch werden, und zweitens ist nichts wichtiges passiert.

Auf den Rückflug hatte ich einen Gangplatz. Bevor das Essen ausgegeben wird kommen die Flugbegleiter mit Ihren Trolli durch den Gang gefegt um Getränke auszuschenken. Als ich fast an der Reihe war entpuppte sich die von mir ersehnte blonde Stewardeß als ein dunkelhaariger Steward mit ausrasierten Mittelscheitel. Wie ich an den Namensschild lesen konnte muß es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Spanier handeln. Ich war dran. Ich bestellte des geckes wegen auf spanisch.
"Oh, wo haben wir denn das gelernt?", kam als rein rhetorische Antwort zurück.
"Nun, wir sind gewissermaßen Kollegen. Du ärgerst Dich mit den Paxen (abfälliger Ausdruck für Touristen, Pax = Tourist) über den Wolken rum und ich darunter. Die Leute die hier im Flieger sitzen werden mir sehr wahrscheinlich in ein paar Tagen mein Ohr abkauen und mich über Kakerlaken unterrichten die sie in Ihren Zimmern vorfinden."
"Du armer."
"Genau, ich bin Thorsten und arbeite auf grande als Reiseleiter."
"Komm doch nachher, wenn wir mit den Getränken fertig sind nach hinten in die Pantry, ich lade dich auf ein Bier ein."
"Angebot akzeptiert, bis später."
"Hier erst einmal Dein Orangensaft."
"Alles klar, wir sehen uns."
Langeweile ist eine andere Definition für Fliegen als Passagier. Fünf Stunden auf den selben Platz zu hocken und einfach gar nichts zu tun zu haben ist so ähnlich wie einen Arzt mit völlig überfüllten Sprechzimmer zu besuchen. Man sehnt sich nur noch nach hause zu kommen. Ein Blick nach hinten, die Trollys waren durch. Nun zu den versprochenen Bier.
"Hi, hier bin ich."
"Ah, wir haben gerade überhaupt nichts zu tun, magst 'n Bier?"
"Na logen man."
Er öffnete zwei Dosen Beck's. -Zisch-
"Hm, das tut gut, Bier aus meiner Heimatstadt. Schon lange am fliegen?"
"Jetzt ungefähr zwei Jahre. Mir mach das sogar Spaß."
"Ist ja kaum zu fassen", erwiderte ich
"Und Du als Reiseleiter?"
"Beschissener Job, wenig Geld und viel Arbeit."
"Ja, ja."

Etwas schweigen. Ich sah aus den kleinen runden Fenster in der hinteren Tür hinaus. Nicht größer als ein Kaffeetassen Unterteller. Nur Wolken zu sehen. Ich rutschte ein wenig hin und her um auf den kleinen Jumpseats die es in der Küche gab keine Hämorriden zu bekommen. Ich goss den Rest meiner Dose in den Plastikbecher.
"Sag mal", stieß ich hervor um das Schweigen zu eliminieren, "versteh das nun bloß nicht falsch was ich sage. Aber ich als Reiseleiter kenne mich ja etwas aus. Fast alle männlichen Personen in der Touristen Branche sind... nun ja, also vom anderen Ufer. Verstehst Du? Und Du machst mir so ein bißchen auf übertrieben feminin, wenn du weißt was ich meine."
"Ist schon okay, ich verstelle mich ja auch gar nicht. Bist Du auch schwul?"
"Ne, bin total überzeugter Hetero."
"Schade."
"Finde ich manchmal auch."

Ein anderer Steward aus der vorderen Küche kam herein (vermutlich sein Lover dachte ich).
Auch eine Stewardess kam unserer kleinen Gesellschaft hinzu. Da war sie ja endlich, meine blonde Maus. Ohne mich zu fragen was ich in ihrer Küche zu suchen hätte oder zumindest nach meinen Namen zu fragen stieß sie folgende Frage hervor:

"Hattest du schon einmal Sex in 10.000 Metern Höhe?"
"Äh, nein eigentlich nicht."
"Komm und lass es uns auf der Toilette treiben."
"Quatsch."
"Nein im Ernst."
"Quatsch."
"Doch wirklich."
"Quatsch."
Mein Wortschatz war in diesen Moment arg begrenzt.
"Aber was sollen die Leute denken, wenn sie uns zusammen dort rein gehen sehen?"
"Merkt keiner."
"Quatsch."
Schon wieder dieses dumme Wort.
"Komm Miguel, wir zeigen den kleinen wie das geht."
Sie schnappte sich meinen Bier Sponsor und Gönner, und beide verschwanden aufs Klo. Vermutlich haben sie dort nur über mich gelacht und sich gefreut mich rein gelegt zu haben. Doch das erkennt man erst im Nachhinein. Nun, vielleicht war das aber auch echt 'ne Chance, aber das glaube ich eigentlich nicht wirklich, obwohl wer hat schon mal in 10.000 Meter?

Ich bin der erste von limks, lange Hose gab es in meiner Größe nicht mehr, WTF!

© Thorsten Kruse

www.thorsten-kruse.de
http://www.facebook.com/kruse.thorsten